„Manchem ersetzen wir den Psychologen“

28.09.2016 in ,

Ein Jahr Olbersdorfer Familienbüro „Mosaik“: In der SZ sagen die Mitarbeiterinnen, was sie gefreut und überrascht hat.

Von Mario Sefrin

Auch wenn die offizielle Eröffnung des Familienbüro „Mosaik“ in Olbersdorf erst im Januar dieses Jahres stattfand, feiert das Büro in diesen Tagen sein einjähriges Bestehen. Denn die beiden Mitarbeiterinnen Carina Schindler-Meusel und Anja-Christina Greifenberg arbeiten seit September 2015 in dem Büro, das seinen Sitz in einer Drei-Zimmer-Wohnung im Wohngebiet „Gundbachsiedlung“ hat. Mit der Einrichtung, die zu 80 Prozent aus Haushaltsmitteln des Sächsischen Sozialministeriums gefördert wird und an der daneben weitere Kooperationspartner einen Anteil haben, wird die Arbeit der Initiativgruppe „Anschwung – für frühe Chancen“ fortgesetzt. Diese Gruppe hatte im Oktober 2013 in Olbersdorf ihre Arbeit aufgenommen.

Die SZ hat mit der Diplom-Sozialarbeiterin Carina Schindler-Meusel und der Kinderschutzfachkraft Anja-Christina Greifenberg darüber gesprochen, wie sie die Entwicklung des Büros nach einem Jahr einschätzen und was verbessert werden kann.

Frau Schindler-Meusel, Frau Greifenberg, das Familienbüro „Mosaik ist seit einem Jahr geöffnet. Wie lautet Ihr persönliches Fazit zu diesem Jahr?

Schindler-Meusel: Das Büro könnte besser angenommen werden. Das sage ich jedoch nur, weil ich ein ungeduldiger Mensch bin und mir viel mehr Ratsuchende wünsche, die den Weg zu uns finden. Ansonsten fällt mein persönliches Fazit nach einem Jahr Familienbüro rundum positiv aus. Wir haben in diesem Jahr ein umfangreiches Netzwerk zu Beratungsstellen und Institutionen geknüpft, zu dem immer neue Partner hinzukommen. Und wir haben eine ganze Reihe zufriedener Klienten, denen wir weiterhelfen konnten und die teilweise mit weiteren Anfragen oder Anliegen zu uns kommen. Toll war außerdem unser erstes Familienfest „Olbersdorf spielt …“.

Greifenberg: Auch für mich war das erste Jahr im Familienbüro ein ganz spannendes und erfolgreiches Jahr. Ich bin beeindruckt davon, welches Netzwerk wir in dieser Zeit aufbauen konnten, um Leuten zu helfen. Und es ist schön, zu spüren, wie die Leute Vertrauen zu uns fassen und wie dankbar sie sind, weil sie hier Hilfe bekommen. Uns haben auch schon Leute gesagt, dass wir ihnen den Psychologen ersetzen.

Zu welchen Problemen suchen die Leute denn Beratung im Familienbüro?

Schindler-Meusel: Das ist ganz unterschiedlich. Das Familienbüro ist zu einer Anlaufstelle für Probleme jeglicher Art geworden. Das reicht von Unterstützung zu Fragen im Erziehungsalltag, alltagspraktischen Schwierigkeiten über Beratung bei der Patientenverfügung bis hin zur Vermittlung neuen Wohnraums. Aus unserer Sicht hat sich das Familienbüro damit schon anders entwickelt hat, als zu Beginn gedacht.

Was meinen Sie damit?

Greifenberg: Dass sich das Büro in Richtung Alltagsberatung entwickelt hat. Wir hatten eigentlich erwartet, dass das Familienbüro vor allem von jungen Familien und Kindereinrichtungen bei Konflikten oder Problemen in der Kindererziehung in Anspruch genommen wird. Doch das ist so nicht der Fall gewesen. Ziemlich schnell sind die Leute mit einer großen Bandbreite von Problemen zu uns gekommen. Das passt aber zur Aufgabe des Familienbüros: Unterstützung und Beratung für alle von 0 bis 100 Jahren.

Schindler-Meusel: Niemanden wegschicken zu müssen ist ein großer Vorteil des Büros. Bei allen Problemen ein Anlaufpunkt zu sein, ist ein wertvolles Pfund, mit dem wir wuchern können und müssen.

Wo kommen denn die Leute her, die im Familienbüro Beratung suchen?

Schindler-Meusel: Überwiegend aus Olbersdorf. Aber wir haben auch schon Leute aus anderen Orten, zum Beispiel aus Eckartsberg oder Hirschfelde, beraten.

Das klingt, als ob das Familienbüro noch nicht sehr bekannt ist?

Schindler-Meusel: Das stimmt, das Büro ist sicher noch nicht bekannt genug. Und das, obwohl wir viel Werbung machen, unter anderem in vielen Einrichtungen im Landkreis Flyer auslegen und uns bei Veranstaltungen vorstellen. Zudem haben wir inzwischen auch eine eigene Internetseite. Und wir versuchen, mit ständig neuen Angeboten auf uns aufmerksam zu machen.

Was sind das für Angebote?

Schindler-Meusel: Zum Beispiel bieten Experten kostenlose Beratungen im Familienbüro an. So haben wir jeden ersten Donnerstag im Monat einen Rechtsanwalt bei uns und jeden vierten Donnerstag im Monat einen Suchtberater. Außerdem bieten wir Wohnzimmergespräche zu speziellen Themen an, die die Leute interessieren.

Ist geplant, das Büro an mehr als nur zwei Tagen in der Woche zu öffnen?

Schindler-Meusel: Nein. Die beiden wöchentlichen Sprechzeiten des Büros sind nur die Zeiten, an denen mit Sicherheit eine Ansprechpartnerin im Büro ist. Aber auch an den anderen Tagen wird niemand weggeschickt, wenn jemand im Büro ist. Außerdem gibt es auch die Möglichkeit, Termine zu vereinbaren. Wenn es Ratsuchenden jedoch nicht möglich ist, ins Familienbüro zu kommen, besuchen wir sie auch mal zu Hause, um dort zu beraten.